Gottesdienst vor dem Pogrom

Innenansicht der Hechinger Synagoge in der Goldschmiedstraße vor der Reichspogromnacht, mit freund. Genehmigung aus: Otto Werner: Synagogen und jüdischer Friedhof in Hechingen. Hechingen 1996: 187
Innenansicht der Hechinger Synagoge in der Goldschmiedstraße vor der Reichspogromnacht, Ausschnitt aus einem Gemälde von Hans Schmidt, im Besitz der Familie Levy, Boston (USA)

Ursprünglich stand der Almemor[1] genau im Zentrum der Synagoge unter der Kuppel. Mit dem Ausbau der Synagoge in der Mitte des 19. Jahrhunderts ging auch ein Wechsel des Gottesdienstes von einer "orthodoxen" Ausprägung hin zu einer reformierten Ausrichtung einher. Der Almemor erhielt dadurch seinen Platz vor dem Toraschrein. Der Ammud[2] wurde hier in Hechingen mit dem Almemor verbunden. Er war zur versammelten Gemeinde hin abgeschrägt. Der Vorsänger stand mit dem Rücken zur Gemeinde, wenn er sang, und er stand der Gemeinde zugewandt, wenn er Ansprachen hielt. In diesem Fall stand er auf einer Stehbank. Wie in reformierten Gemeinden üblich gab es ein Harmonium[3] und einen Chor.

[1] Almemor (auch: Bima): erhöhtes Pult, auf das die aufgeschlagene Torarolle gelegt wird und von dem aus der aktuelle Toraabschnitt verlesen wird

[2] Ammud (auch Amud geschrieben): Lesepult für den Vorbeter bzw. Kantor oder Vorsänger (Chasan)

[3] Tasteninstrument

Erläuternde Skizzen von Manef Biran (Manfred Bernheim)

Skizze von Manef Biran, mit freundl. Genehmigung aus: Otto Werner: Synagogen und jüdischer Friedhof in Hechingen. Hechingen 1996, Seite 71, alle Rechte vorbehalten!
Skizze von Manef Biran (Überlick), mit freundl. Genehmigung aus: Otto Werner: Synagogen und jüdischer Friedhof in Hechingen. Hechingen 1996, Seite 71, alle Rechte vorbehalten!
  1. Aufklappbarer Almemor, kombiniert mit dem
  2. Ammud
  3. Harmonium
  4. Kiste mit Sand zum Geflügel-Schächten
  5. Platz für die Sukka (Laubhütte)
  6. Synagogenchor (rechts Sopran, Tenor und Bariton, links Alt und Bass)

Die Verbindung von Ammud (2) und Almemor (1) bedarf einer Erläuterung, dazu dienen auch die beiden Skizzen weiter unten. Waren vor 1850 Almemor und Ammud noch getrennt, so waren sie danach baulich verbunden. Vor der Toralesung wurde ein Brett nach oben geklappt, das am Ammud mit einem Scharnier befestigt war. Aus dem kleineren Vorlesepult wurde durch die nun größere Auflagefläche ein Tora-Lesepult für die ausgehobene und auf dieses Pult gelegte Tora-Tolle. Links und rechts stand je eine Lampensäule, um das Licht für die Lesung zu spenden. An der Wand links neben dem Toraschrein war ein kleines Lesepult für die Rezitation des Kaddisch.[4] Rechts war ein kleines Pult für den Schammes.[5]

[4] Kaddisch: ein wichtiges jüdisches Gebet, z.B. von Trauernden gesprochen

[5] Schammes: Synagogendiener (von jiddisch: "Schámmes", bzw. hebräisch שׁמשׁ, "Schammásch" = "Diener")

Skizze von Manef Biran, mit freundl. Genehmigung aus: Otto Werner: Synagogen und jüdischer Friedhof in Hechingen. Hechingen 1996, Seite 71, alle Rechte vorbehalten!
Sowohl der Vorsänger stand vor dem kombinierten "Ammud/Almemor-Lesepult", als auch derjenige, der nach Vergrößerung der Auflagefläche aus der Tora vorlas. Auf der anderen Seite (dahinter) war die Stehbank für Ansprachen.
Skizze von Manef Biran, mit freundl. Genehmigung aus: Otto Werner: Synagogen und jüdischer Friedhof in Hechingen. Hechingen 1996, Seite 71, alle Rechte vorbehalten!
Ausschnitt
  1. Aufklappbarer Almemor, kombiniert mit dem 
  2. Ammud (kleinerer Bereich unter der gestrichelten Linie)
  3. Harmonium
  4. - (hier nicht zu sehen)
  5. Am Laubhüttenfest wurde hier (außen, "hinter" der Synagoge) die Sukka errichtet
  6. Bänke für den Synagogenchor (rechts Sopran, Tenor und Bariton, links Alt und Bass)

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Themen: Synagoge Hechingen, Alte Synagoge Hechingen, Geschichte der Juden in Hechingen, inhaltlich verantwortlich/Text: Manuel Werner